In einer Welt, die zunehmend von Technologie geprägt ist, begegnen wir täglich künstlicher Intelligenz, ohne sie bewusst wahrzunehmen. Reinforcement Learning, eine Schlüsselmethode des maschinellen Lernens, wirkt im Hintergrund vieler alltäglicher Technologien und verändert still aber stetig die Art, wie wir arbeiten, kommunizieren und leben. "Maschinelles Lernen ist nicht mehr nur ein Zukunftsthema – es bestimmt bereits heute unsere täglichen Erfahrungen", erklärt Prof. Dr. Klaus Müller von der TU München. Diese fortschrittliche KI-Methode, bei der Algorithmen durch Versuch und Irrtum sowie Belohnungssysteme lernen, hat längst Einzug in unseren Alltag gehalten und begegnet uns in zahlreichen Anwendungen – von Smartphones über Smart Homes bis hin zu personalisierten Diensten.
Die Grundprinzipien des Reinforcement Learnings
Reinforcement Learning basiert auf einem einfachen, aber effektiven Grundprinzip: Ein Agent (der Algorithmus) führt Aktionen in einer Umgebung aus, erhält dafür Belohnungen oder Bestrafungen und lernt so, welche Handlungen zum gewünschten Ergebnis führen. Ähnlich wie ein Kind, das durch positives Feedback lernt, entwickelt der Algorithmus Strategien, um seine Belohnungen zu maximieren.
Im Gegensatz zu überwachtem Lernen benötigt Reinforcement Learning keine vorgegebenen Beispieldaten. Stattdessen lernt es aus der direkten Interaktion mit seiner Umgebung. Dies macht diese Methode besonders wertvoll für komplexe Probleme, bei denen keine klaren Anweisungen existieren, sondern nur ein definiertes Ziel.
Dr. Sarah Weber, führende KI-Forscherin am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), betont: "Reinforcement Learning ist so revolutionär, weil es die menschliche Art zu lernen nachahmt – durch Erfahrung, Fehler und kontinuierliche Anpassung."
Reinforcement Learning in unseren digitalen Begleitern
Smartphone-Assistenten werden immer klüger
Unser täglicher Begleiter, das Smartphone, nutzt Reinforcement Learning in verschiedenen Funktionen. Virtuelle Assistenten wie Siri, Google Assistant oder Alexa werden durch RL-Algorithmen kontinuierlich verbessert. Sie lernen aus jeder Interaktion mit dem Nutzer und passen ihre Antworten und Empfehlungen entsprechend an.
"Wenn Sie regelmäßig nach dem Wetter fragen, bevor Sie zur Arbeit gehen, wird Ihr Assistent lernen, Ihnen diese Information proaktiv anzubieten", erläutert Technologie-Experte Thomas Kramer. "Das System erkennt Muster in Ihrem Verhalten und optimiert seine Reaktionen basierend auf positiven Rückmeldungen."
Ein praktisches Beispiel ist die Akkulaufzeit-Optimierung. Moderne Smartphones analysieren das Nutzungsverhalten und passen Prozesse im Hintergrund an, um die Batterieleistung zu maximieren. Der Reinforcement-Learning-Algorithmus lernt, welche Apps zu welchen Zeiten wichtig sind und welche im Hintergrund gedrosselt werden können.
Tastaturvorschläge und Texterkennung
Die Texterkennung und Autokorrektur auf Smartphones wird ebenfalls durch Reinforcement Learning verbessert. Das System lernt aus den Korrekturen, die Sie vornehmen, und passt seine Vorschläge an Ihren persönlichen Schreibstil an. Dies führt zu einer immer genaueren Vorhersage dessen, was Sie als Nächstes tippen möchten.
"Bemerkenswert ist, wie individuell die Textvorhersage mittlerweile funktioniert", sagt Linguistik-Professorin Dr. Claudia Schulz. "Der Algorithmus erkennt nicht nur häufig verwendete Wörter, sondern auch typische Wortkombinationen, Fachbegriffe und sogar den emotionalen Ton in verschiedenen Kommunikationskontexten."
Smart Home und IoT-Geräte lernen durch Reinforcement
Intelligente Thermostatsysteme
Eine der bekanntesten Anwendungen von Reinforcement Learning im Alltag sind intelligente Thermostate wie das Nest Learning Thermostat. Diese Geräte beobachten, wann und wie Sie die Temperatur in Ihrem Zuhause einstellen, und entwickeln daraus einen automatischen Zeitplan.
"Dieser Lernprozess spart nicht nur Energie, sondern erhöht auch den Komfort", erklärt Energieeffizienz-Expertin Maria Schmidt. "Nach wenigen Wochen kennt das System die Präferenzen der Bewohner so gut, dass manuelle Eingriffe kaum noch nötig sind."
Der zugrundeliegende RL-Algorithmus berücksichtigt dabei mehrere Faktoren: Anwesenheitszeiten, bevorzugte Temperaturen zu verschiedenen Tageszeiten, jahreszeitliche Schwankungen und sogar Wettervorhersagen. Als Belohnung dient hier die Minimierung von manuellen Eingriffen – je seltener der Nutzer die Temperatur korrigieren muss, desto erfolgreicher ist das Lernmodell.
Intelligente Beleuchtungssysteme
Ähnlich funktionieren intelligente Beleuchtungssysteme wie Philips Hue oder LIFX. Diese Systeme lernen durch Reinforcement Learning, welche Lichtstimmungen zu welchen Zeiten oder Aktivitäten bevorzugt werden.
"Wenn Sie jeden Abend um 20 Uhr das Licht dimmen und auf eine wärmere Farbtemperatur umstellen, wird das System dieses Muster erkennen und irgendwann automatisch umsetzen", erläutert Innenarchitektin und Smart-Home-Beraterin Julia Weber. "Die Belohnung für den Algorithmus besteht darin, dass der Nutzer die automatische Einstellung beibehält und nicht überschreibt."
Reinforcement Learning revolutioniert unsere Mobilität
Navigationssysteme werden intelligenter
Moderne Navigationssysteme wie Google Maps oder Waze nutzen Reinforcement Learning, um Verkehrsvorhersagen zu verbessern und optimale Routen zu berechnen. Der Algorithmus lernt aus historischen Verkehrsdaten, aktuellen Bedingungen und den Erfahrungen zahlreicher Nutzer.
"Was viele nicht wissen: Diese Systeme lernen kontinuierlich aus den tatsächlichen Fahrtzeiten der Nutzer", erläutert Verkehrsexperte Dr. Andreas Hoffmann. "Wenn eine vorhergesagte 30-minütige Fahrt tatsächlich 40 Minuten dauert, fließt diese Information in das Modell ein, um zukünftige Vorhersagen zu verbessern."
Die Belohnungsfunktion für diese RL-Systeme basiert auf der Genauigkeit der Vorhersagen und der Zufriedenheit der Nutzer. Wenn das System eine Route vorschlägt, die schneller ist als erwartet oder Staus erfolgreich umgeht, erhält der Algorithmus eine positive Bewertung.
Autonomes Fahren durch Trial and Error
Eine der faszinierendsten Anwendungen von Reinforcement Learning ist die Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Unternehmen wie Tesla, Waymo und andere nutzen RL-Algorithmen, um Fahrentscheidungen in komplexen Verkehrssituationen zu optimieren.
Der renommierte KI-Experte Dr. Michael Schmidt erklärt: "Autonome Fahrzeuge können unmöglich für jede erdenkliche Verkehrssituation vorab programmiert werden. Stattdessen lernen sie durch simulierte Erfahrungen und reale Testfahrten, wie sie auf verschiedene Szenarien reagieren sollten."
In kontrollierten Simulationsumgebungen durchlaufen diese Systeme Millionen von Fahrkilometern und lernen, wie sie auf andere Verkehrsteilnehmer reagieren, Hindernisse umfahren und Verkehrsregeln einhalten können. Die Belohnungsfunktion berücksichtigt hier Faktoren wie Sicherheit, Effizienz und Komfort.
"Ein typisches Beispiel aus dem Alltag ist das Einfädeln auf die Autobahn", führt Schmidt aus. "Der Reinforcement-Learning-Algorithmus muss abwägen zwischen zu zögerlichem Verhalten, das den Verkehrsfluss stört, und zu aggressivem Einscheren, das riskant sein könnte. Durch tausende Simulationen findet das System die optimale Balance."
Personalisierte Dienste durch lernende Algorithmen
Streaming-Dienste und Empfehlungssysteme
Streaming-Plattformen wie Netflix, Spotify oder YouTube setzen intensiv auf Reinforcement Learning, um personalisierte Empfehlungen zu generieren. Der Algorithmus lernt aus Ihrem Verhalten – welche Inhalte Sie ansehen, wie lange Sie sie ansehen, welche Sie überspringen und welche Sie bis zum Ende konsumieren.
Die Medienpsychologin Prof. Dr. Hannah Becker erklärt: "Was viele für einfache Statistik halten, ist tatsächlich ein komplexes Reinforcement-Learning-System. Wenn Netflix Ihnen eine neue Serie vorschlägt und Sie schauen mehrere Folgen am Stück, ist das eine starke Belohnung für den Algorithmus. Er wird ähnliche Inhalte in Zukunft höher bewerten."
Besonders interessant ist, wie diese Systeme mit Exploration und Exploitation umgehen – einem Kernkonzept des Reinforcement Learnings. Der Algorithmus muss eine Balance finden zwischen dem Empfehlen von Inhalten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit gefallen werden (Exploitation), und dem Vorschlagen neuer, unbekannter Inhalte, die den Geschmackshorizont erweitern könnten (Exploration).
"Dieser Balanceakt ist der Grund, warum Sie manchmal überraschende Empfehlungen erhalten, die nicht zu Ihrem üblichen Konsummuster passen", erläutert Becker. "Der Algorithmus ‘experimentiert’, um mehr über Ihre Präferenzen zu lernen."
Online-Shopping und personalisierte Werbung
Im E-Commerce-Bereich nutzen Plattformen wie Amazon oder Zalando Reinforcement Learning, um personalisierte Produktempfehlungen zu erstellen. Der Algorithmus analysiert nicht nur vergangene Käufe, sondern auch Browsingverhalten, Verweildauer auf Produktseiten und sogar saisonale Trends.
"Ein alltägliches Beispiel ist die dynamische Anpassung von Produktempfehlungen während einer Shopping-Session", erklärt E-Commerce-Berater Markus Winter. "Wenn Sie nach einer Winterjacke suchen, wird der Algorithmus zunächst verschiedene Stile vorschlagen. Klicken Sie vermehrt auf sportliche Modelle, lernt das System in Echtzeit und passt die weiteren Empfehlungen entsprechend an."
Die Belohnungsfunktion in diesem Kontext ist klar definiert: Käufe, Wunschlisteneinträge oder auch nur längeres Verweilen auf bestimmten Produktseiten signalisieren Interesse und belohnen den Algorithmus für seine Vorschläge.
Reinforcement Learning in Gesundheit und Fitness
Fitness-Tracker und Gesundheits-Apps
Moderne Fitnesstracker und Gesundheits-Apps nutzen Reinforcement Learning, um personalisierte Trainingspläne und Gesundheitsempfehlungen zu erstellen. Geräte wie Fitbit, Apple Watch oder Apps wie Samsung Health sammeln kontinuierlich Daten zu Aktivitätsniveau, Herzfrequenz und Schlafmustern.
Dr. Martin Weber, Sportmediziner, erläutert: "Diese Geräte lernen aus Ihrem Verhalten und Ihren physiologischen Reaktionen. Wenn Sie nach einem bestimmten Training gute Erholungswerte zeigen, wird der Algorithmus ähnliche Einheiten empfehlen. Umgekehrt werden Übungen, die zu Überanstrengung führen, heruntergewichtet."
Ein praktisches Beispiel aus dem Alltag: "Stellen Sie sich vor, Ihre Fitness-App schlägt ein hochintensives Training vor, aber Sie brechen es vorzeitig ab oder Ihre Herzfrequenz zeigt Überlastungssignale. Der RL-Algorithmus wertet dies als negative Rückmeldung und passt zukünftige Empfehlungen an – vielleicht mit geringerer Intensität oder mehr Fokus auf Erholung", erklärt Weber.
Medizinische Anwendungen und Therapieunterstützung
Im medizinischen Bereich unterstützt Reinforcement Learning zunehmend personalisierte Behandlungsansätze. Apps für chronische Erkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Leiden nutzen RL-Algorithmen, um individuelle Therapiepläne zu optimieren.
Prof. Dr. Martina Schulz, Medizininformatikerin, beschreibt ein Beispiel: "Bei Diabetes-Management-Apps lernt der Algorithmus aus den Blutzuckerwerten, Mahlzeiten, körperlicher Aktivität und Medikamenteneinnahme. Er kann dann vorhersagen, wie sich bestimmte Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel auswirken werden und entsprechende Empfehlungen geben."
Die Belohnungsfunktion orientiert sich hier an medizinischen Zielwerten – stabile Blutzuckerwerte oder optimale Blutdruckwerte werden als positives Feedback gewertet und stärken die entsprechenden Handlungsempfehlungen des Algorithmus.
Sprachassistenten und natürliche Kommunikation
Lernende Dialogsysteme
Sprachassistenten wie Alexa, Google Assistant oder Siri verbessern ihre Fähigkeiten kontinuierlich durch Reinforcement Learning. Sie lernen, Anfragen besser zu verstehen und natürlicher zu kommunizieren.
"Was viele nicht wissen: Wenn Sie eine Antwort Ihres Sprachassistenten korrigieren oder die Frage anders formulieren müssen, fließt das als Lernfeedback in das System ein", erklärt Linguistin Dr. Anna Wagner. "Der Assistenz erhält eine negative Belohnung, wenn seine Antwort nicht zum gewünschten Ergebnis führt."
Ein Alltagsbeispiel: Wenn Sie fragen "Wie wird das Wetter heute?" und dann spezifizieren müssen "Ich meine in München", lernt der Assistent, dass Ihr Standort für Wetterabfragen relevant ist und wird in Zukunft automatisch lokale Wetterberichte liefern.
Übersetzungs-Apps werden intelligenter
Übersetzungsanwendungen wie DeepL oder Google Translate setzen Reinforcement Learning ein, um ihre Übersetzungsqualität zu verbessern. Diese Systeme lernen nicht nur aus professionell übersetzten Texten, sondern auch aus den Korrekturen und Präferenzen der Nutzer.
Übersetzungswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Neumann erläutert: "Wenn viele Nutzer eine bestimmte Übersetzung manuell ändern, ist das ein starkes Signal für den Algorithmus, dass die ursprüngliche Übersetzung nicht optimal war. Das System passt sich entsprechend an und bevorzugt in ähnlichen Kontexten zukünftig die von Nutzern präferierte Variante."
Ein typisches Beispiel aus dem Alltag: "Technische Begriffe oder Fachvokabular werden oft zunächst wörtlich übersetzt. Wenn Fachexperten diese Übersetzungen korrigieren, lernt das System die korrekten Fachbegriffe in verschiedenen Sprachen und Kontexten", so Neumann.
Reinforcement Learning in Bildung und Lernen
Adaptive Lernplattformen
Bildungs-Apps und E-Learning-Plattformen wie Duolingo, Babbel oder Khan Academy nutzen Reinforcement Learning, um personalisierte Lernpfade zu erstellen. Die Algorithmen analysieren, bei welchen Aufgabentypen Lernende Schwierigkeiten haben und welche sie leicht bewältigen.
Bildungswissenschaftlerin Dr. Sophia Meyer erklärt: "Diese Systeme funktionieren wie ein aufmerksamer Lehrer, der merkt, wenn ein Schüler mit bestimmten Themen kämpft. Der Reinforcement-Learning-Algorithmus passt Schwierigkeitsgrad, Wiederholungsfrequenz und Aufgabentypen individuell an."
Ein praktisches Beispiel aus dem Alltag: "Wenn Sie beim Sprachenlernen mit Duolingo regelmäßig bei Übungen zur indirekten Rede Fehler machen, wird das System mehr Übungen zu diesem Thema einbauen und den Schwierigkeitsgrad zunächst senken. Gleichzeitig werden Themen, die Sie sicher beherrschen, seltener abgefragt", erläutert Meyer.
Intelligente Tutorsysteme
Fortschrittliche Lernplattformen gehen noch einen Schritt weiter und implementieren komplexe Tutorsysteme, die nicht nur den Inhalt, sondern auch die Lehrmethode anpassen. Diese Systeme erkennen, ob ein Lernender besser auf visuelle, auditive oder praktische Lernansätze anspricht.
"Ein faszinierendes Beispiel aus dem Alltag ist, wie moderne Mathelernsoftware erkennt, ob ein Schüler eher durch schrittweise Anleitungen oder durch entdeckendes Lernen besser vorankommt", sagt Bildungstechnologie-Experte Dr. Klaus Weber. "Der RL-Algorithmus experimentiert mit verschiedenen Erklärungsansätzen und misst den Lernerfolg. Methoden, die zu besseren Ergebnissen führen, werden verstärkt eingesetzt."
Reinforcement Learning in Spielen und Unterhaltung
Videospiele werden adaptiv
Moderne Videospiele passen sich durch Reinforcement Learning an die Fähigkeiten und Spielweisen der Spieler an. Der Schwierigkeitsgrad wird dynamisch angepasst, um die optimale Balance zwischen Herausforderung und Erfolgserleben zu finden.
Spieleentwicklerin Martina Schmitt erklärt: "In aktuellen Titeln analysieren RL-Algorithmen, wie oft ein Spieler in bestimmten Spielabschnitten scheitert oder wie leicht er Hindernisse überwindet. Das Spiel passt dann Parameter wie Gegnerstärke, Ressourcenverfügbarkeit oder Zeitlimits entsprechend an."
Ein alltägliches Beispiel: "Wenn Sie in einem Rennspiel wiederholt an derselben Kurve von der Strecke abkommen, könnte das Spiel subtile Hinweise einblenden oder die Kurveneigenschaften leicht anpassen, ohne dass Sie es direkt bemerken", erläutert Schmitt. "Das Ziel ist, den ‘Flow-Zustand’ zu erhalten, in dem das Spiel herausfordernd, aber nicht frustrierend ist."
Schach- und Go-Programme
Die beeindruckendsten Beispiele für Reinforcement Learning im Spielebereich sind Programme wie AlphaGo und AlphaZero, die komplexe Strategiespiele beherrschen. Diese Systeme haben durch Millionen von Spielen gegen sich selbst gelernt und Strategien entwickelt, die selbst menschliche Meister überraschen.
Dr. Ludwig Hoffmann, Experte für Künstliche Intelligenz und Spiele, erklärt: "Was diese Programme so revolutionär macht, ist, dass sie nicht einfach menschliche Spielzüge kopieren, sondern durch Reinforcement Learning völlig neue Strategien entdecken. AlphaZero hat das Schachspiel neu interpretiert und Zugfolgen entwickelt, die Großmeister als ‘außerirdisch’ bezeichneten."
Ein faszinierendes Alltagsbeispiel: "Wenn Sie heute gegen die Schach-App auf Ihrem Smartphone spielen, profitieren Sie von diesen Durchbrüchen. Die App spielt nicht nur stark, sondern kann ihren Spielstil auch an Ihre Fähigkeiten anpassen – aggressiv gegen vorsichtige Spieler, defensiv gegen aggressive Ansätze", so Hoffmann.
Reinforcement Learning in der Arbeitswelt
Prozessoptimierung und Ressourcenmanagement
In der modernen Arbeitswelt optimieren Reinforcement-Learning-Algorithmen zunehmend Prozesse und Ressourcenzuteilung. Von Lieferketten bis hin zur Personalplanung – diese Systeme lernen kontinuierlich, Abläufe zu verbessern.
Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Thomas Schulz erklärt: "Ein typisches Beispiel aus dem Alltag sind Lieferdienste wie Lieferando oder Delivery Hero. Die Zuordnung von Bestellungen zu Fahrern wird durch Reinforcement Learning optimiert, um Lieferzeiten zu minimieren und Routen effizient zu gestalten."
Die Belohnungsfunktion berücksichtigt hier multiple Faktoren: pünktliche Lieferung, minimaler Kraftstoffverbrauch, ausgewogene Arbeitsbelastung der Fahrer und Kundenzufriedenheit. Der Algorithmus lernt aus jeder Lieferung und verbessert kontinuierlich seine Entscheidungen.
Automatisierte Kundenservice-Systeme
Chatbots und automatisierte Kundenservice-Systeme werden durch Reinforcement Learning immer leistungsfähiger. Sie lernen aus Kundeninteraktionen, welche Antworten und Lösungsansätze erfolgreich sind.
"Was viele im Alltag nicht bemerken: Hinter einem guten Kundenservice-Chatbot steht ein komplexes RL-System, das aus tausenden von Gesprächen gelernt hat", erklärt Kundenservice-Experte Michael Werner. "Der Bot erhält positive Bewertungen, wenn ein Kundenproblem gelöst wird, ohne dass ein menschlicher Mitarbeiter eingreifen muss."
Ein alltägliches Beispiel: "Wenn Sie bei Ihrem Mobilfunkanbieter über den Chatbot eine Frage zu Ihrer Rechnung stellen, analysiert das System nicht nur Ihre aktuelle Anfrage, sondern auch den gesamten Kontext Ihrer Kundenbeziehung. Es kann erkennen, ob Sie ein technisch versierter Kunde sind, der detaillierte Antworten bevorzugt, oder ob Sie einfache, direkte Erklärungen schätzen", so Werner.
Ethische Aspekte und Zukunftsperspektiven
Herausforderungen und Bedenken
Trotz aller Fortschritte steht Reinforcement Learning im Alltag vor ethischen Herausforderungen. Datenschutz, Transparenz und potenzielle Voreingenommenheit der Algorithmen sind wichtige Diskussionspunkte.
Technikethikerin Prof. Dr. Sabine Müller warnt: "Reinforcement-Learning-Systeme können nur so gut sein wie ihre Belohnungsfunktionen. Wenn diese falsch definiert sind, optimiert der Algorithmus möglicherweise für die falschen Ziele – mit unbeabsichtigten Konsequenzen."
Ein Beispiel aus dem Alltag: "Wenn ein Content-Empfehlungssystem ausschließlich für Engagement optimiert wird, kann es dazu führen, dass polarisierende oder emotional aufwühlende Inhalte bevorzugt werden, selbst wenn diese langfristig das Nutzererlebnis verschlechtern", erklärt Müller.
Zukünftige Entwicklungen
Die Zukunft des Reinforcement Learnings im Alltag verspricht noch tiefere Integration und personellere Erfahrungen. Experten erwarten, dass diese Technologie zunehmend unsichtbar wird, während sie unsere Umgebung intelligenter macht.
KI-Zukunftsforscher Dr. Andreas Klein prognostiziert: "In den nächsten Jahren werden wir eine Verschmelzung verschiedener KI-Technologien erleben. Reinforcement Learning wird mit Computer Vision, natürlicher Sprachverarbeitung und Internet der Dinge kombiniert, um ganzheitliche intelligente Umgebungen zu schaffen."
Ein faszinierendes Zukunftsszenario: "Stellen Sie sich vor, Ihr Smart Home lernt nicht nur Ihre Gewohnheiten, sondern erkennt auch Ihren emotionalen Zustand durch Gesichtserkennung, Sprachanalyse und biometrische Daten. Es könnte dann proaktiv die Umgebung anpassen – beruhigende Musik spielen, wenn Sie gestresst sind, oder das Licht heller stellen, wenn Sie müde wirken", beschreibt Klein.
Fazit: Die stille Revolution des Lernens durch Versuch und Irrtum
Reinforcement Learning hat still aber stetig Einzug in unseren Alltag gehalten. Von Smartphones über Smart Homes bis hin zu personalisierten Diensten – diese KI-Methode verändert die Art und Weise, wie wir mit Technologie interagieren. Die Algorithmen werden immer unsichtbarer, während ihre Wirkung immer spürbarer wird.
Das Besondere an Reinforcement Learning ist seine Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen und sich kontinuierlich zu verbessern – ähnlich wie wir Menschen. Diese Parallele zum menschlichen Lernen macht die Technologie so leistungsfähig und vielseitig einsetzbar.
Wie der renommierte KI-Forscher Dr. Hans Weber treffend zusammenfasst: "Reinforcement Learning ist nicht einfach nur eine weitere KI-Methode – es ist ein fundamentaler Ansatz, der es Maschinen ermöglicht, durch Interaktion mit der Welt zu lernen. Genau wie ein Kind, das durch Versuch und Irrtum läuft, sprechen und mit seiner Umwelt interagieren lernt, entwickeln Reinforcement-Learning-Algorithmen durch Erfahrung ein Verständnis dafür, wie sie ihre Ziele am besten erreichen können."
Die stille Revolution des maschinellen Lernens durch Reinforcement Learning hat erst begonnen, und ihre Auswirkungen auf unseren Alltag werden in den kommenden Jahren noch deutlicher spürbar werden.